Ganz faul hinauf
42 km • + 1.540 hm • - 1.937 hm
Sonntag früh, kurz vor 8.00 Uhr: Wir ziehen die immer noch feuchten Klamotten wieder an. Auch die Schuhe sind noch derart durchnässt, als hätten sie die ganze Nacht über in einer gefüllten Badewanne gestanden. Wenigstens scheint sich die Wetterlage zu bessern. Blauer Himmel und Sonnenschein im Tal, einige Wolken umhüllen die Berge um uns herum. Wir wollen uns via Postbus die 1200 Höhenmeter auf der Straße nach Super Nedenz (1.733 m) ersparen. Es wird kurz hektisch, der Busbahnhof in Sion (491 m) muss rechtzeitig erreicht werden, denn der Postbus fährt um 8.06 Uhr. Zum Glück ist er mit einem Radständer am Heck ausgestattet und die Fahrt kann beginnen.
Wir nutzen zudem einige unbesetzte Sitze im Bus, um einen Teil unserer immer
noch durchnässten Kleidungstücke zu trocknen. In Super Nendez angekommen,
genießen wir den Sonnenschein und nehmen einen kurzen Service an den Bikes
vor. Die Fahrerei im Schneematsch und bei dem Regen gestern hat ihren Tribut
gefordert. Die neuen Bremsbeläge sind völlig runter, die Kette ist
völlig entölt und auch die Federelemente wollen einen Spitzer aus
der Brunox-Dose sehen. Dann geht es weiter.
Bis zur Mittelstation könnte man hier den Forstweg nutzen, aber da wir
schon mal am shutteln sind, nehmen wir den Sessellift. Wir müssen die Bikes
abstellen und ohne sie einsteigen. Danach sollen sie einzeln vom Liftpersonal
eingeladen werden …hoffentlich. An der Mittelstation kommen dann nach
und nach alle Bikes wohlbehalten an und wir machen uns auf zur großen
Gondel
auf den Col des Géntianes (2.886 m).
Hier bleibt uns mangels Weg nach oben wirklich nur die Gondel. Inzwischen ist
es kurz vor 11.00 Uhr. Wir haben ca. 2.400 Höhenmeter absolviert und nicht
wirklich etwas dafür getan!
Nun geht es wieder hinab bis zur Cabane du Mont Fort (2.457
m). Leider startet die Abfahrt mit einer recht unspektakulären Schotterpiste.
Doch hinter der Cabane geht sie in einen flowigen und schließlich recht
kurvigen Singletrail
über. Eigentlich hätten wir vom Trail her schöne Ausblicke Richtung
Grand Combin (4.314 m) erhofft, doch die Sicht wird die meiste Zeit über
durch tief hängende Nebelschwaden
verdeckt.
Inzwischen scheint jedoch die Sonne und es wird warm, als wir an die Straße
im Val de Bagnes gelangen. In der ersten Ortschaft finden wir
einen Brunnen und so können wir die bis auf den letzten Tropfen leergetrunkenen
Wasserflaschen füllen. In Fionnay (1.500 m) kehren wir
ein und stärken uns mit einer Portion Spagetti Carbonara. Wir versuchen
in der Zeit telefonisch mehrfach jemanden auf der Cabane de Chanrion
(2.462 m) zu erreichen - vergeblich. Andauernd belegt. Wenigstens scheint jetzt
die Sonne und wir dekorieren einen Felsen neben der Wirtschaft mit nassen Socken,
Bergstiefeln und Radlerhosen.
Danach geht es weiter auf der Straße hinauf zum Lac de Mauvoisin
(1.975 m). An der Staumauer angekommen werden die Schatten bereits länger
und das westliche Seeufer liegt bereits im Dunkeln. Kurz überlegen wir
auf der Sonnenseite nach oben zu fahren, aber angesichts der knappen Zeit und
der unklaren Wegbeschaffenheit verwerfen wir den Gedanken schnell wieder.
Der weitere Weg nach oben ist einzigartig. In engen feuchten Tunnels und in
offenen Galerien geht es am Seeufer entlang. Wasserfälle schießen
über uns hinweg, es rauscht und brummt gewaltig. Nach knapp 200 Höhenmetern
Anstieg im Fels verlassen wir die Unterwelt. Der Weg führt wieder abwärts
zum Südende des Sees. Die letzten 200 Höhenmeter hinauf zur Hütte
legen wir auf dem Wanderweg
zurück, obwohl es auch einen fahrbaren Wirtschaftsweg gegeben hätte.
Ein Blick auf die Karte vor Ort hätte die Situation sicher geklärt.
Aber was soll´s, es ist kurz nach 20:00 Uhr und darauf kommt es nun wirklich
nicht mehr an.
Schließlich erreichen wir die Cabane de Chanrion. Der Hüttenwirt
ist alles andere als amüsiert über unser spätes Erscheinen. Widerwillig
trägt er uns in sein Hüttenbuch ein. Unsere Frage nach etwas zu Essen
wird mit einem barschen „Non!“ beantwortet.
Na klasse, dreizehn Stunden unterwegs und ohne Abendessen ins Bett. Ich kaufe
ein paar Dosen Bier und Roland packt seinen letzten Landjäger aus. Eine
Wurst für 4 hungrige Biker. Ich starte noch mal einen Versuch und frage
eines der Mädels hinter der Theke nach ein paar Scheiben Brot und etwas
Käse. Der Hüttenwirt im Hintergrund brummelt etwas vor sich hin, als
mir dieses magere Mahl ausgehändigt wird. Wir essen es schnell auf und
verschwinden wenig später im völlig überfüllten Matratzenlager.
Frühstück soll es bereits ab 5.00 Uhr geben. OK, die sieben Stunden
halten wir durch …
Fazit:
- Panoramaetappe ohne Panorama und tolle Abfahrt. Mit Bus und Bahn haben wir uns etliche Höhenmeter auf Teer erspart.
- Unsere Versorgungslage mit Nahrung ist heute etwas spärlich ausgefallen. Der Hüttenwirt auf der Cabane de Charnrion ist der krönende Abschuss! Er wird jedoch im Frühjahr 2008 abgelöst.
- Man sollte trotz Track im GPS Gerät unterwegs noch mal in die Karte schauen und den optimalen Weg suchen. Vorort kann die Lage ganz anders erscheinen als daheim am Computer.