Begeisterte Trail-Pfleger
50 km • + 2.100 hm • - 1.000 hm
Wir starten zu einem Abenteuer. Gerade hat uns Michael 2,5 Stunden auf der
Autobahn zur Talstation der Nebelhornbahn in Oberstdorf gefahren.
An uns fahren einige Alpencrosser vorbei und suchen den Weg zum Schrofenpass.
Wie so viele, aber nicht wir. Wir sind auf der Suche nach neuen Übergängen,
nach anspruchsvollen Abfahrten und einer gänzlich neuen Route durch die
Alpen.
Wir, das sind Harry aus
Pforzheim, Dave aus Karlsruhe und ich, Carsten
aus Aalen. Alle haben wir langjährige Alpencross- Erfahrung und sind bereit
für ein Abenteuer.
Zunächst geht es ganz gemütlich zum Oytalhaus. Ein
breiter, asphaltierter Weg führt uns dort hin. Der Weg bis zur Käseralm
ist dann geschottert, geht teilweise sehr steil in Serpentinen nach oben. Wir
kommen an einem recht ansehnlichen Wasserfall vorbei. Ab der Alm wird's heftig,
der schmale, von Wasserrinnen durchzogene und erodierte Weg ist abartig steil.
Die schweren Bikes mit Downhillbereifung und Bärentatzen lassen sich hier
bei bestem Willen nicht hinauf drücken.
Zum ersten Mal berühren unsere Bergstiefel den Boden der Alpen…sie
werden dies in den nächsten Tagen noch sehr oft tun, manchmal zu oft.
Harry: Carsten und Dave düsen im Eiltempo die Berge rauf. Mir ist gleich klar, bergauf im Sattel kann ich mit den beiden nicht ganz mithalten.
Ab der Wildenfeld-Hütte wird der Weg zum Trail. Ab hier bis hinauf zum Hornbachjoch ist bald nur noch Schieben angesagt. Nach einiger Zeit müssen wir ein mächtiges Geröllfeld mit haushohen Brocken queren. Glücklicherweise haben wir inzwischen unsere Tragetechnik derart verfeinert, dass wir die Bikes relativ problemlos durch das Gewirr von Felsen und Geröll hinauf tragen können. Irgendwann erreichen wir schließlich das Hornbachjoch.
Wir rasten auf dem Joch und kommen mit einigen Arbeitern der DAV Sektion Immenstadt ins Gespräch. Hier oben haben sie erst einmal einen Biker getroffen, der hatte sich verirrt und wollte nach Schweden…
Harry: Die Geschichte mit dem Schweden fand ich unglaublich. Auf dem Hornbachjoch wird man von einem orientierungslosen Tourenbiker (der so gut wie ohne Ausrüstung und Gepäck unterwegs ist) angesprochen, wo es nach Schweden geht. Nach dem man einige Worte mit dem guten Mann gewechselt hat stellt man noch fest, dass es sich um keinen Scherz handelt. Schwedenjoch finde ich für diesen Übergang eigentlich passender.
Dann startet unsere Abfahrt. Bereits
auf dem Joch haben wir die unzähligen engen Kehren des Trails gesehen.
Uns erwartet ein fahrtechnisches Highlight, das seinesgleichen sucht.
Mir fallen die ersten Kehren noch etwas schwer, ich muß mich erst mal
wieder an das Bike gewöhnen. Harry fährt die engen und anspruchsvollen
Kehren besser als ich. Dave glänzt mit brillanter Versetztechnik
und erntet oben vom Joch von den Arbeitern heftigen Applaus. Standing Ovations
auf dem Trail!
Dave: Vielleicht hat mir das Joch auch so gut gefallen,
weil ich die Reaktion der DAV-ler oben so positiv fand. Sie hatten den Pfad
instandgesetzt und als wir sie freundlich grüßten, sahen sie erstmal
durch uns durch, als wären wir Luft. Wir plauderten oben unter uns und
genossen die Aussicht, während die andere Gruppe uns total ignorierte.
Irgendwann sprach Harry einen von ihnen an und brach das Eis. Als wir schließlich
hinabfuhren und uns später wieder zum Joch umblickten, standen sie alle
an der Kante und jubelten uns begeistert zu!
So viel zum Thema Wanderer vs. Biker. Es geht auch anders...
Weiter unten folgt eine unfahrbare Passage. Steil und ausgesetzt tragen wir
die Bikes einige Meter die Felsen hinab. Doch schon bald können wir wieder
fahren und genießen den Traumtrail. Dann wandelt sich das Bild, das
Tal wird wesentlich flacher. Wir queren bzw. besser umgehen ein vom Bach völlig
unterhöhltes Schneefeld. Fortan geht
es am Jochbach entlang. Wir fühlen uns wie im Val Mora, allerdings ist
dieser Trail hier wesentlich anspruchsvoller zu fahren. An der Jochbachalphütte
werden wir von einigen Bewohnern ungläubig gefragt:" Wo kommt Ihr
denn her? Biker haben wir hier noch nie gesehen". Wir fahren weiter und
begehen einen Fehler. Hätten wir gleich nach der Hütte an der ersten
Brücke den Bach gequert, hätten wir wohl auf einige Schiebeeinlagen
verzichten können. So fahren, schieben wir uns an der linken Bachseite
in Richtung Hinterhornbach, während auf der anderen Bachseite
ein Trailmotorrad knattert…
In Hinterhornbach essen wir kurz einen Apfelstrudel. Danach geht die Fahrt weiter
auf der Straße nach Vorderhornbach und auf dem Radweg
durch die Lechauen nach Elmen. Ab hier beginnt der Anstieg
zum Hahntennjoch. Auf der Teerstraße geht es hinauf bis
nach Pfafflar und schließlich nach Boden.
Den Schotterweg auf der anderen Talseite nutzen wir nicht, da wir uns aufgrund
der Karte nicht ganz schlüssig sind, ob dieser Weg durchgehend befahrbar
ist.
Ab Boden geht es auf einer Schotterpiste steil hinauf. Bis zur Talstation der
Materialseilbahn ist alles fahrbar. Dann folgen 400 hm Schieben und Tragen
bis zur Hanauer Hütte.
Dort angekommen werden wir von den anwesenden Wanderern verwundert begrüßt.
Biker sind hier scheinbar nicht ganz alltäglich…
Harry: Etwas erschöpft, aber glücklich bin ich an unserem ersten Etappenziel angelangt. Worüber ich mich nach diesem schönen und ereignisreichen Tag jedoch besonders freute war, dass sich ein gutes, harmonisches Team gefunden hatte.
Hatten wir den ganzen Tag bis hierher noch traumhaftes Wetter und teilweise
tropische Temperaturen, so fallen kurz nach unserer Ankunft die ersten Regentropfen.
Was soll`s? Wir sind ja da. Unser Blick richtet sich beim Bierchen auf der Terrasse
bereits auf das nächste Ziel, der westlichen
Dremelscharte…doch davor wartet wohl noch ein Stückchen Arbeit
auf uns…