Heute nur bergab
25 km • + 300 hm • - 3.000 hm
Unsere Tour durch die Alpen neigt sich dem Ende zu. Was angesichts der anrollenden
Schlechtwetterfront und unserer körperlichen Verfassung auch ganz OK ist.
Die ganze Nacht hindurch hat es in Strömen geregnet. Wir lassen uns beim
reichhaltigen Frühstück im Bellaluna (1.087 m) Zeit.
Als wir schließlich aufbrechen ist es wieder trocken, aber der Himmel
ist durch eine dicke Wolkendecke verhüllt. Heute startet in Davos der K78,
der weltweit größte Berg-Ultramarathon. Wir sind rechtzeitig dran,
so dass wir auf der Rennstrecke hinab nach Alvaneu-Bad (957
m) fahren können. Hier führt eigentlich eine Straße direkt hinauf
nach Lenzerheide (1.473 m). Da aber unsere Motivation heute
bergauf zu fahren gleich Null ist, beschließen wir weiter nach Tiefenkastel
(851 m) zu fahren, und den Postbus nach Lenzerheide zu nehmen.
Am Busbahnhof bleibt gerade noch Zeit
die Trinkflaschen zu füllen, ein bisschen an den Bikes rumzubasteln und
schon sitzen wir im Bus. Dieser bringt
uns direkt an die Talstation der Parpaner
Rothorn-Seilbahn. Inzwischen reißt es immer mehr auf und einzelne
Sonnenstrahlen spicken durch die Wolkendecke. Dennoch wissen wir nicht, wie
es oben aussieht.
Während der Seilbahnfahrt durchstoßen wir die Wolkendecke.
Zwischendurch ist klare Sicht. Oben an der Bergstation (2.861 m) ist jedoch
alles wieder in dichten Nebel gehüllt.
Wir fahren auf technisch ansprechenden Sektionen
auf glitschigem Fels in Richtung Parpaner Weisshorn (2.824
m). Der Nebel verzaubert die Felsen und Berge um uns herum in eine bizarre Landschaft.
Wolkenfetzen ziehen zwischen uns und den umliegenden Bergen hindurch.
Irgendwann taucht im Nebel eine Gruppe Alpencrosser auf, die wie wir mit der
Seilbahn nach oben gefahren sind. Gemeinsam fahren wir auf einen mit einer Holzkonstruktion
komplett umbauten Weg in Richtung Gredigs Fürggli (2.617
m). Ab hier beginnt die Abfahrt
durchs Schafälplital hinab zum Älplisee
(2.156 m). Inzwischen ist es etwas heller geworden und wir fahren nun nicht
mehr im Nebel rum. Der schöne Trail
zieht sich lange an der Südflanke
des Tschirpen (2.728 m) entlang. Fahrtechnisch ist er nicht
allzu anspruchsvoll, was uns bei der herrschenden Feuchtigkeit heute auch ganz
gelegen kommt. Das Tal ist schroff und felsig, am unteren Ende kommt bereits
der Älplisee ins Bild. Ein Wegweiser am See verspricht uns nun doch noch
eine technische Nettigkeit. Uns kommen einige Wanderer entgegen. Wir stoppen
um sie vorbei gehen zu lassen, aber sie bleiben lieber stehen und wollen uns
zusehen, wie wir die mit Drahtseilen gesicherte Passage
mit den Bikes bewältigen werden. Einer dieser Zuschauer holt sogar seinen
Fotoapparat aus dem Rucksack, um uns beim Befahren der Schlüsselstelle
zu fotografieren. Wir lassen uns Zeit, ich probieren mehrfach die eigentlich
unspektakulär wirkende Spitzkehre
und mache Fotos von der einfacheren aber eindrucksvolleren Folgepassage.
Harry: Es kamen uns ein paar Wanderer entgegen und kämpften sich die Stufen rauf. Ein älterer Mann schaut uns ungläubig an, und fragt, ob wir da hinunter fahren wollten. Ich nickte zuversichtlich. Er machte einen Schritt, hielt inne, dreht sich nochmals um und fragte ganz nett: „Darf ich Ihnen dabei zusehen?“ Ich sagte ja, warum denn nicht. Darauf hin hat er sich noch bedankt, und uns dann genau beobachtet.
Dann geht es weiter abwärts Richtung Arosa (1.775 m). Der Trail endet direkt an der Talstation der Hörnlibahn. Unseren ursprünglichen Plan hier gleich wieder hinauf zu fahren begraben wir wegen angeblicher Fahrverbote abseits der offiziellen Downhillstrecke (=Schotterweg?) und des sich jetzt doch wieder verschlechternden Wetters.
Harry: Wenn ich nur an den Kassierer denke streuben sich mir die Nackenhaare. Er wollte sogar unsere Unterschriften, dass wir auch brav auf dem dafür vorgeschriebenen Weg wieder ins Tal abfahren
Stattdessen beschließen wir zunächst einmal, eine Mittagsrast in
Arosa einzulegen. Während wir eine Portion leckere Spagetti verdrücken
beginnt es draußen wieder zu regnen. Bis wir fertig sind hört dieser
aber wieder auf und wir könne weiter in Richtung Ochsenalp
(1.936 m) fahren. Doch zunächst geht es bis zum Berggasthof Prätsch
bergauf, was uns heute irgendwie keinen Spaß mehr bereitet. Der Weg vorbei
am Rot Tritt und der Ochsenalpe ist wellig. Mal geht es steil
bergab, dann wieder hinauf. Zahlreiche Biker sind hier unterwegs. Dann biegt
ein Trail nach Tschiertschen (1.343 m) ab, den wir natürlich
befahren wollen. Schnell legen wir ein letztes Mal die Protektoren an und los
geht´s.
Der Trail ist unglaublich schön, aber bei der Nässe durch seine vielen
Wurzelpassagen fahrtechnisch eine große Herausforderung. Wir spielen mit
glitschigen Wurzeltreppen, zirkeln durch enge Serpentinen und können unser
Glück, dieses fahrtechnische Highlight ganz ungeplant und unerwartet entdeckt
zu haben noch gar nicht fassen. Nach einer schier endlosen Singletrailorgie
erreichen wir schließlich Tschiertschen. Ab hier führ zunächst
nur eine schmale und durch enge Serpentinen führende Straße in Richtung
Chur. Den oben am Hang entlangführenden Wanderweg zu probieren, dazu haben
wir jetzt keine Motivation mehr. Kurz hinter Passugg entdecken wir aber noch
einmal einen kleinen Trail, der in engen Kehren hinab nach Chur führt.
Ein würdiger Abschluss unserer Tour.
Wir fahren direkt zum Bahnhof nach Chur (593 m), unser Zug
fährt in 20 min. Es bleibt gerade noch Zeitz im Supermarkt ein paar Kleinigkeiten
zu kaufen, die Tickets zu lösen und schon sitzen wir im Zug. Die Bikes
werden im Fahrradabteil verstaut, welches selbstverständlich in jedem Schweizer
Zug zu finden ist. Wir fahren bis Rorschach (398 m) am Bodensee,
radeln gemütlich in den Hafen. Hier steht gerade ein Schiff bereit. Ich
frage nach dem Fahrziel, wir fahren auf das Schiff und hinter uns wird der Steg
weggezogen…perfektes Timing. Wir sitzen bei einem Bier gemütlich
auf dem Sonnendeck
und lassen die vergangenen Tage Revue passieren.
Harry: Welch Ausklang einer so eindrucksvollen Tour.
Gerade noch die Abfahrt vom Parpaner Rothorn bewältigt, und jetzt liege
ich in der Sonne im Liegestuhl, die Füße entspannt auf der Reling
plaziert und ein Weizenbier in der Hand ... einfach himmlisch.
Es war eine traumhafte Woche. Mit Carsten und Dave habe ich 2 tolle Mitfahrer
gefunden. Es gab kein böses Wort, und wir waren uns so gut wie immer einig.
Zogen wir doch alle gemeinsam am gleichen Strang.
Jetzt überkommt es mich schon wieder, das Verlangen auf ein neues Abenteuer
... Yeaaah.
Nach über einer Stunde Überfahrt erreichen wir Friedrichshafen. Mit dem Zug geht es von hier über Ulm und letztendlich nach Aalen.
Tourfazit: Drei Freaks zogen los ein Abenteuer zu erleben, drei Freunde kehren heim.