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Tag 6.04 Val Veneglia
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Tag 6.12 Cinque Croci
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Tag 6.02 Val Veneglia
Tag 6.02 Val Veneglia

Route

  • Alleghe
    979 m
  • Cencenighe Agordino
    773 m
  • Piè Falcade
    1.145 m

    Passo di Valles
    2.031 m
  • Val Venegia
  • Baita Segantini
    2.174 m
  • Passo di Rolle
    1.980 m
  • S. Martino di Castrozza
    1.444 m
  • Malga Tognola
    1.988 m
  • Caoria
    828 m
  • Rifugio Refavaie
    1.116 m
  • Passo Cinque Croci
    2.018 m
  • Colonia Alpina
    1.368 m
  • Spera
    553 m
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Das Ritual am Cinque Croci

KARTE PROFIL ETAPPENFOTOS
Masare - Spera
110 km • + 3.428 hm • - 3.821 hm • 08:47:00 Nettozeit

Durch ein reichhaltiges Frühstück gestärkt machen wir uns auf, um den höchsten Straßenpass des Alpencross’ anzufahren. Es ist halb neun in der früh, als wir das Hotel verlassen und auf den auf der anderen Straßenseite gelegenen Lago d´Alleghe blicken. Dave war schon fast zwei Stunden früher unten um die Kette an seinem Fahrrad zu wechseln, die Schaltung neu einzustellen und vergeblich an einem Kettenspanner zu basteln. Noch ist es angenehm kühl.
Von Alleghe bis Cencenighe Agordino führt die Straße noch 200 Höhenmeter hinab bis auf 773 Meter über dem Meer. Dann geht es rechts ab, durch einen Tunnel hinauf in Richtung Falcade (1.145 m) und bis zum Straßenpass Passo die Vallés mit seinen 2.031 Metern.
Im Tunnel war Aufgrund einer Baustelle eine Spur gesperrt. Glück für uns. Bei dem regelmäßigen Autoverkehr ist es nicht gerade ungefährlich ohne Rücklicht hier durchzufahren. So aber hatten wir die gesamte gesperrte Spur für uns. Abgesehen von einem kurzen Stopp an einem Brunnen in Falcade (1.145 m), geht es in einem Zug durch bis auf den Pass. Ich bleibe etwas zurück. Mein Rucksack ist schlecht gepackt und er bereitet mir heftige Rückenschmerzen. Um 11 Uhr komme ich kurz hinter den anderen am Pass an. Nachdem wir unsere Trinkflaschen aufgefüllt haben, geht es wieder abwärts. Ich fahre voraus, werde aber sogleich von Dave überholt. Carsten und Rolf bleiben etwas zurück. Ich fahre langsamer um auf sie zu warten. Carsten schließt schließlich gefolgt von Rolf zu mir auf. Ihnen war ein Pferd (oder verwechsle ich da etwas?) direkt vor die Räder auf die Strasse gelaufen. Nur durch eine Vollbremsung konnten sie einen Zusammenstoß vermeiden!
Nach den ersten paar Kurven biegen wir nach links ab in das Val Venegia. Ein großer Parkplatz ist hier und es geht weiter auf einer Mautstraße, auf der man als Autofahrer für 5 € noch weitere 1,2 km in das Tal hineinfahren kann. Das Val Venegia ist ein wunderschönes Hochtal mit einem gut fahrbaren Kiesweg, der parallel zu einem Bachlauf zur Baita Segantini (2.174 m) hinauf führt. Gegen Ende des Tales steigt der Weg immer steiler an. Wir machen einige Videoaufnahmen und Fotos, bevor wir das Joch erreichen und über einen Singletrail zum Passo di Rolle (1.980 m) abfahren. Der Defektteufel hat anscheinend noch nicht genug gehabt, schlägt diesmal bei Rolf zu und zerreißt den hinteren Schaltzug.

Carsten: „Der erste Trail mit dem neuen Bike. Die Kurven gelingen, die Bremsen gehen aber die Reifen sind ein Drama...kein Grip. Ab jetzt heißt es doppelt aufpassen. Die Abfahrt zum Passo Rolle macht Spaß, tolle Serpentinen und ein feines Bergpanorama...“

Am Passo di Rolle treffen wir Michael und André. Sie haben in der Zwischenzeit eine Brotzeit eingekauft und warten hier auf uns. Wir beschließen jedoch die Straße in Richtung San Martino di Castrozza (1.444 m) noch ein Stück abzufahren um einen schönen Picknickplatz im Halbschatten zu suchen. Rolf repariert sein Rad und dann kann es weitergehen. André und Michael filmen uns während der Straßenabfahrt aus dem Auto. Carsten und Dave sind wie meistens vorne weg. Sie fahren mit Höchstgeschwindigkeit um ein paar Autos zu überholen. Leider verpassen sie dabei sowohl den ersten Picknickplatz, wie auch verschiedene Trails, die parallel zur Straße ins Tal gehen.
Irgendwann kommen wir dann aber doch wieder zum Stehen. Wir picknicken an dem Weg Nr.13 der rechts von der Straße abgeht, und den wir nach der Pause weiterfahren. Die Wetterlage wird wieder unbeständig. Dunkle Wolken ziehen auf und die Sonne ist verschwunden.

Die Auffahrt zur Malga Tongnola geht gleichmäßig auf Schotter bis knapp unter 2.000 Meter über dem Meer. Auf dem Pass haben wir Nebel und Unklarheit, ob das Wetter hält. Somit halten wir uns nicht lange auf und fahren den Weg Nr. 352 hinab. Im oberen Teil ist er teilweise durch Wasserläufe ausgeschwemmt, matschig und von Steinen verblockt, so dass man gezwungen ist das eine und andere Mal abzusteigen. Bald geht es jedoch besser. Der Single wird zu einem fahrbareren, wenn auch ruppigen Waldtrail, mit allerlei losem Geröll, Fels und Wurzeln. Uns begegnen zwei Biker, die den Pfad heraufschieben. Die müssen sich verfahren haben! Auf diesem Trail gibt es nur eine Richtung – die der Schwerkraft!

Carsten: „Das Coach ist ein einziges Drama, die Federgabel hat diese Bezeichnung nicht verdient, alle Schläge werden ungefiltert direkt in meine Handgelenke geleitet, die Schaltung, deren Namen man nicht mal aussprechen kann schlägt permanent an die Kettenstrebe, die Reifen sind mit dem felsigen Pfad völlig überfordert.“

Das Wetter hält, doch wir jagen fast ohne Stopps hinab bis Caoria (828 m) und nehmen noch ein paar nette Serpentinenkiller mit. Die Landschaft rauscht geradezu an uns vorbei.
In Caoria treffen wir das Begleitteam wieder. Auf den 300 Höhenmeter Straße bis zum Rifugio Refavaie (1.116 m) folgen sie uns mit Auto und Kamera. Wir machen ein Rennen daraus als uns ein Biker auf einem Mercedes-Fully überholt. Das kann doch nicht angehen! Mit voller Kraft peitschen wir uns die kaum befahrene Straße hinauf. Dabei bleiben wir als Team zusammen und fahren teilweise zu viert nebeneinander. Die Straße folgt dem Vanoi das Tal hinauf. In weniger als einer halben Stunde sind wir am Rifugio Refavaie.

Es ist 19.30 Uhr, wir haben über 70 Kilometer und 2.700 Höhenmeter auf dem Tacho, fühlen uns trotzdem frisch und beschließen einstimmig noch über den Passo Cinque Croci (2.018 m) zu fahren. Es ist klar, dass wir gleich losmüssen. In eineinhalb Stunden wird es dunkel. Wir sagen uns 900 Höhenmeter kann man gut in der Zeit fahren. Also geht es los. Carsten nimmt noch schnell seine Stirnlampe aus dem Auto. Der Weg folgt weiter dem Vanoi und geht zuerst beinahe eben im Tal entlang. Bei uns kommen die ersten Zweifel auf. Wenn das weiter so geht brauchen wir wesentlich länger. Die noch zurückzulegende Strecke ist nicht zu unterschätzen.

Carsten: „Völliger Irrsinn, das steht man um 19.30 Uhr vor einer Hütte, hat 2.700 hm in den Beinen, schaut den anderen Bikern auf den Teller, wie sie die leckeren Forellen aus dem Teich direkt neben der Hütte verspeisen...und was machen wir? Strecke...ohne zu wissen wann und wo man übernachten kann, noch mal 900 hm den Berg hinauf in der Gewissheit drüben bei völliger Dunkelheit wer weiß wie lange abfahren zu müssen...“

Doch dann steigt der Weg auf einmal an und die Serpentinen beginnen. Jetzt können wir aus den Vollen schöpfen und uns die Höhenmeter nur so hinaufschrauben. Wir merken zwar alle die Anstrengungen der letzten Tage in den Beinen, doch wie in einem Rausch werden wir weiter getrieben. Beflügelt von dem völlig irrwitzigen Vorhaben zu dieser Zeit noch den Pass zu nehmen, bei Dunkelheit ins Tal zu fahren und zu so später Stunde noch nach einer Unterkunft zu suchen fahren wir Serpentine für Serpentine weiter aufwärts. Der Schotterweg ist gut zu fahren doch die Zeit rennt uns davon. An Foto- und Videoaufnahmen ist momentan nicht mehr zu denken. Als wir die kleine Alm Val Cion erreichen steht die Sonne schon bedrohlich tief. Es sind nur noch knapp 50 Höhenmeter. Ich rase voraus um die Ankunft zu filmen. Wir erreichen Cinque Croci. Der Himmel brennt und der feurige Ball der Sonne taucht hinter dem Panorama der Bergwelt unter. Nachdem ich die Kamera aufgebaut habe umkreisen wir sie und die Kreuze so lange bis ich mit den Aufnahmen zufrieden bin.

Dave: „Wenn uns jetzt jemand beobachten würde! Fünf durchgekallte Biker die bei Einbruch der Dunkelheit nichts Besseres zu tun haben als um diese dämlichen Kreuze herumzueiern. LoL“

Rolf: „Die Stimmung ist einzigartig. Nach Sonnenuntergang in dieser Höhe, ohne Übernachtung in Sicht, ziemlich erschöpft umkreisen wir die fast lächerlichen Kreuze. Carsten sagt nach der dritten Runde „Wenn wir das die ganze Nacht machen, dann wird uns auch nicht kalt!“ Besser hätte man unsere Touren nicht umschreiben können, ich muss noch zehn Minuten später auf der Abfahrt lachen.“

Wir ziehen uns warm an. Es gilt die letzten Minuten Licht zu nutzten. Keine Chance. Bevor wir loskommen ist die Sonne weg. Der Vollmond steht am Nachthimmel und weist uns den Weg. Es geht auf Schotter abwärts. Ein Glück. Der weiße Weg reflektiert die Strahlen des Mondes. Dave braust voraus. Ich folge und kurz hinter mir sind die anderen.
An einer Weggabelung kurz oberhalb der Baumgrenze halten wir kurz und beschließen vorsichtiger zu fahren und beisammen zu bleiben. Dann geht es weiter. Zum Glück ist der Weg breit und das Blattwerk über uns licht. Wir können immer noch sehen wo wir lang müssen. Aus dem Wald heraus kommen wir dann auf Teer. Kein Dorf gibt es hier. Wir sehen Picknickplätze und Parkplätze für Erholungshungrige. Doch keine Quartiere. Es bleibt uns nichts anderes übrig als weiter zu fahren. Weite Strecken legen wir im dichten Wald zurück. Die Straße ist so schwarz wie alles drum herum und scheint mit der Umgebung zu verschmelzen. Carsten hat die Stirnlampe angeschaltet und wir anderen drei fahren vor ihm um etwas zu sehen. Dave irritiert das Licht dann doch zu sehr und er setzt sich lieber nach vorne ab. Der Geschwindigkeitsrausch hat wieder bei ihm eingesetzt. Hochkonzentriert, die Pupillen weit aufgerissen geht es bergab.
Ab und zu kommt uns ein Auto entgegen und auf einem Parkplatz treffen wir ein paar Italiener. Wir fragen nach der nächsten Unterkunft und sehen bald, dass wir noch ganz runter müssen ins Tal. Es ist 22 Uhr. Die Abfahrt geht schon eine Stunde. Eine Stunde im Schein des Mondes.
Endlich sehen wir Licht. Laute Musik dringt aus dem Gasthof und viele junge Leute stehen auf der Straße davor. Es wird getrunken und gefeiert. Wie aus einer anderen Welt kommen wir mit unseren Rädern aus der Dunkelheit. Zimmer haben sie hier keine mehr. Doch ein Verwandter des Besitzers hat ein Hotel in dem nur fünf Kilometer entfernten Spera (553 m). Wir klären das ab und fahren weiter. Auf weitere fünf Kilometer soll es uns nicht ankommen.

Carsten: „Der Barbesitzer bestellt für uns telefonisch das Quartier und gleich noch ein Essen dazu....ich hatte nicht mehr damit gerechnet heute noch was warmes zu essen zu bekommen...“

Um 22 Uhr 30 erreichen wir Spera und das Hotel und werden in einem Appartment einquartiert. Glück gehabt! Ohne zu duschen setzten wir uns gleich an den Tisch, die Portion Nudeln wird sofort serviert.

Letzte Änderung 09.12.2007 | Hits: 5.566 | nach oben